|
Saint Vincent and the Grenadines, 25. Januar 2001
Hallo liebe aufgetauten Vegetarier!
Ich denke, nachdem nun auch noch die Schweine bei Euch nicht
mehr genießbar sind werdet Ihr sicherlich nun endgültig zu
Vegetariern mutieren. Obwohl hier anscheinend die Viecher noch
nicht total behämmert sind, außer dass es hier Kühe im
tropischen Regenwald gibt, ist Fleisch dank des schwachen Euros total
unbezahlbar. Aber das kulinarische Vergnügen kommt trotzdem nicht zu kurz. Zum Frühstück gibt es Bananenbrot und
Kokosnussbrötchen, was meistens dermaßen satt macht,
dass mittags nur Papaya, Banänchen usw. angesagt sind. Das
beste Naturprodukt, das sowohl satt macht als auch den Durst
löscht, sind allerdings die Kokosnüsse. Diese sind nicht vom
Typ "harte Schale und dann nix drin", wie sooft in
Deutschland. Die Kokosnüsse in der Karibik sind große
unförmige grünlich bis gelbe Klumpen. Der Verkäufer hat
solange mit der Machete die Schale ab, bis ein Loch
entstanden ist und man die Flüssigkeit trinken kann.
Dies ist
meist mehr als ein halber Liter und schmeckt nur leicht nach
Kokosnuss. Ist die Nuss dann leer, haut der Verkäufer sie in
zwei Hälften und macht noch eine Kerbe hinein. Die Kerbe reißt man
dann heraus und löffelt danach das Kobra aus der Nuss
heraus. Die ganze Prozedur dauert natürlich seine Zeit, aber die
hat man ja zur Genüge. Abends gibt's dann wenn schon
Fleisch, dann Chicken mit Chips (Brotfruchtchips oder French
Fries) oder frittierte Kochbananen, deren Schalen nicht gelb sondern rot sind.
Von Dominica bin ich mit dem Boot nach Fort-de-France, der
Hauptstadt Martiniques getuckert. Damit war ich wieder in der
EU,
da Martinique ein französischens Überseedepartement ist. Den
kurzen Aufenthalt von 2 Tagen habe ich auch kulinarisch
genossen. Da die nördlicheren Inseln die oben erwähnten
Genüsse nicht boten, befand ich mich auf Martinique natürlich im
Paradies, da hier die franz. Küche mit den Annehmlichkeiten
eines europäischen Supermarkts (Käse, Südmilch Joghurt) kombiniert
wurde. Auf Martinique besuchte ich das "Pompeji der Karibik" die
alte Hauptstadt St. Pierre, die 1902 durch den Vulkan Mont Pelée
verschüttet wurde. Es war schon ein komisches Gefühl, in den
Häuserruinen herumzulaufen und im Hintergrund den
immer noch aktiven Vulkan lauern zu sehen. Allerdings wurde,
anders als auf Montserrat, die Zone um den Vulkan nicht gesperrt.
Vielmehr fing 1904 schon wieder die Besiedlung an. Dadurch
stehen die Ruinen nun mitten in der neuen Stadt, die einem
Mittelmeerstädtchen ähnelt. Dieses Bild war wirklich sehr bizarr.
Von Martinique hüpfte ich per Fähre weiter nach St. Lucia. Dort
versucht man ein bisschen Dominica mit dem Ecotourismus
nachzuahmen. Allerdings ist es ein bisschen
überbürokratisch durchgeführt worden. Man legte im Gebirge
Wanderwege an, auf die auch überall aufmerksam gemacht
wird. Nun kommt der teutonische Touri Christoph K. dummerweise
sonntags morgens auf die Idee, dort wandern zu gehen.
Aber der Weg war abgeschlossen, da er ja 10 US-Dollar Eintritt kosten
sollte. Am Anfang des Weges baute man einfach ein Tor, das
man freitags nach 4 Uhr nachmittags einfach abschließt, egal ob da noch
jemand drin ist oder nicht. Ich dachte mir, die kommen erst
morgen wieder und kletterte um das Tor herum auf den Weg.
Danach genoss ich in aller Ruhe die Aussicht, denn der
Pfad führte auf einem Grat entlang. Auf dem
Rückweg kurz vor Ende des Weges hörte ich plötzlich Stimmen
und
erinnerte mich daran, dass es ein "Verbrechen" war unerlaubt hier
einzutreten. Also flüchtete ich, in Indianer Jones Manier einen 10-Meter-Hang hinunter durch Lianen auf die Straße. Unten angekommen
schauten mich die Einheimischen etwas verdutzt an, denn ich
sah aus, als ob ich mich im Schlamm gesuhlt hätte.
St. Lucia hat
dank des Ecotrips seiner Regierung wirklich schöne Wege zu
bieten, die sogar manches Mal nicht abgeschlossen sind. Doch das
Positivste an St. Lucia sind seine Menschen. Die Leute gehen
schon
untereinander sehr nett miteinander um. Im Straßenverkehr lassen
die Autofahrer andere an sich vorbei oder gewähren
unerwartet Vorfahrt. Auf Straßen auf denen kaum Busse fuhren
wurde ich immer gefragt: "Do you want to have a ride?" Dieser
Ride war immer kostenlos. Die Menschen und ihre
Lebensweise erinnern mich sehr stark an Afrika und die afroamerikansichen Bewohner
sind
immer sehr stolz auf ihre Wurzeln. Überall sind die Farben des
schwarzen Kontinents grün, gelb, rot zu sehen, und die
Umrisse
des Kontinents sind als Aufkleber auf den Autos zu sehen.
Die öffentlichen Verkehrsmittel werden, je südlicher ich
reiste, auch umso afrikanischer - vor allem was die Auslastung betrifft. Gingen
in St. Kitts in den Bus 12 Passagiere, gehen nun in St. Vincent
bis zu zwanzig in den gleichen Bus. Außerdem nimmt die Lautstärke
der überall zu hörenden Musik deutlich zu. Hier in St. Vincent sollte
man Ohropax dabeihaben, erstens wegen der
Lautstärke und zweitens wegen Brittney Spears und den
Backstreet Boys, die den Reggae eindeutig auf Platz drei noch
hinter Gangsta-Rap verweisen.
Gestern bin ich in St.
Vincent and the Grenadines angekommen. Da es keinen
Nonstophüpfflug für die rund 30 Meilen zwischen St. Lucia und St. Vincent gibt, musste ich einen
Umweg von 250 Meilen via Barbados fliegen. Diese Insel hat was
ich sah, las und hörte außer Fish, Chips, Rum und
liming nix zu bieten. Deshalb ging’s sofort weiter nach St. Vincent,
wo ich heute den Höhepunkt der Tour erlebte: Den Cross
Island Track mit Besteigung des aktiven Vulkans La Souffrière. Da
ich nicht wusste, ob es überhaupt einen vernünftigen Weg
gab, war diese Aktion etwas abenteuerlich. Am Anfang bekam
ich mal wieder einen Ride auf der Ladefläche eines Pick-ups.
Die Leute waren Arbeiter auf den vielen kleinen Bananenplantagen,
die es auf den Inseln überall gibt. Dass die EU in der
Agrarpolitik nicht nur Mist baut, sondern auch mal sinnvolles macht,
zeigt sich hier: Sie kauft in erster Linie Bananen aus den
CARICOM Staaten und den DOM von Frankreich. Dadurch erhalten
die Plantagenbesitzer auf den Inseln eine garantierte
Abnahme zu garantierten Preisen. Und die Plantagenbesitzer sind
hier wirklich noch die kleinen Bauern, und nicht wie in
Mittelamerika amerikanische Großkonzerne wie United Fruit oder
Chiquita. Genug der antiamerikanistischen Polemik.
Der Weg
hinauf zum Vulkan führte anfangs durch tropischen Regenwald, der aber
relativ schnell verschwand. Oberhalb des Waldes war nur
noch krautartiger Bewuchs zu sehen. Diese Region wurde vom
letzten Ausbruch des Vulkans 1979 mit Lava zugedeckt; daher
dieser Bewuchs. Mit zunehmender Höhe wurde es für hiesige
Verhältnisse sehr kalt, d. h. es waren bestimmt nur noch 14
Grad, der Wind wehte um die Ohren, und plötzlich befand ich mich mitten
in den Wolken. Hier sah es dann aus wie im schottischen
Hochland. Ich kletterte weiter und weiter und auf einmal befand ich
mich anscheinend vor einem riesigen Tal-Einschnitt. Wie sich
später herausstellte war dies der Kraterrand. Die
gegenüberliegende "Talseite" war der Lava-Rest der im Krater
verblieben war
(ca. 150 Meter hoch). Nachdem es an dem Grad bergab statt bergauf
ging raffte ich langsam, dass ich den Krater erreicht hatte.
Und wenig später riss dann die Wolkendecke auf, und ich
erkannte die riesigen Ausmaße des Kraters. Er hat etwa einen
Durchmesser von einem Kilometer und ist etwa 200 bis 300 Meter tief. In der Mitte
befindet sich der riesige Lava-Haufen der natürlich mittlerweile
erkaltet ist. Dieses Panaroma mit der Karibik im Hintergrund werde
ich sicher nicht vergessen. Leider musste ich schon bald
wieder Abschied nehmen von diesem wunderschönen Platz, denn
ich wollte ja die Insel durchqueren und auf einem anderen
Weg hinab gehen in Richtung Karibik, da ich an der Atlantikküste startete . Der Weg hinab führte mich wieder vorbei an tropischen
Regenwaldkühen, bunten Blumen mit Blüten von 50 cm
Durchmesser, irgendwelchen Vögeln, die ich noch nie sah und
einem
einzigen Einheimischen, der sich auch freute mal wieder einen
Mensch zu sehen. Unten an der Karibik angekommen, lag vor mir
ein zwei km langer Strand, der menschenleer war. Wegen des vulkanischen
Ursprungs der Insel war der Sand grau bis schwarz, also nicht
ganz so wie man sich die Karibik vorstellt. Um wieder in die Zivilisation zurückzukehren, musste
noch ein Fluss von 20 Metern Breite überquert werden. Das Wasser
ging nur bis zu den Knien aber es war gar nicht so einfach da
hindurch zu latschen, als es vorher den Anschein hatte. Am
anderen Ufer angekommen, empfingen mich schon Einheimische,
die mir sofort einen Ride ins nächste Dorf mit Busstation anboten. So landete ich auf der Ladefläche eines Lkws der
voll mit Sand befüllt war. Aber ich war nicht lange alleine auf der
Ladefläche. Am Ende waren es ein Dutzend "Passagiere", die
die Fahrt in 3 Metern Höhe genossen. Das einzige worauf man
aufpassen musste, waren die Telefondrähte, die knapp über
unseren Köpfen hingen, und man sich leicht verfangen hätte
können.
|