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                             New Orleans - USA, 17. März 2002 
                            Liebe Iren, Irinen und alle, die sich heute für Iren ausgeben!
                             
                             
                            Ich wünsche Euch allen einen wunderschönen irischen 
                            Nationalfeiertag mit frisch gezapftem Guinness, damit es Euch 
                            besser ergeht als mir, mit meinem Miller's Lite oder Bud-nicht-Lite, 
                            aber trotzdem genauso unappetitlich!!!
                             
                             
                            Nein, die Kenner unter Euch haben natürlich gleich beim Nennen 
                            derjenigen "Bier-Marken", mit denen ich mich auseinandersetzen 
                            muss, gemerkt, dass ich nicht von der grünen Insel berichte, 
                            sondern von noch weiter westlich, genau gesagt von der anderen 
                            Seite des großen Teichs, der mittlerweile nur noch auf Socken zu 
                            erreichen ist: Bevor man in eines der nun wieder vollen 
                            Flugzeuge in Richtung Land des unbegrenzten 
                            Völkermischmaschs reist, um dort bei den Ami-Iren, den St. 
                            Patrick's Day zu feiern, muss erstmal auf hoffentlich lochfreien 
                            Socken durch den Frankfurter Flughafen geschlürft werden.
                             
                              
                            Befindet man sich dann hoch über den Wolken und bekommt ein 
                            garantiert nicht-europäisch, weil BSE verseuchtes, aber 
                            wahrscheinlich mit Hormonen voll gestopftes Amisteak serviert, 
                            beginnt der Kampf dieses in mundgerechte Stücke mit "Hilfe" eines 
                            Plastikmessers zu zerlegen. Glücklicherweise dauert so ein Flug 
                            ja mehr als 9 Stunden, so dass man genügend Zeit hat, sich mit 
                            diesem ersten Stückchen Amerika auseinanderzusetzen.
                             
                             
                            Ist dieser erste Brocken verdaut, heißt es sofort nach Touch Down 
                            aus der Lethargie erwachen, und schnellstmöglich in Richtung 
                            Immigration Halle zu hasten, möchte man nicht gleich den Rest 
                            seines Amerikaaufenthaltes in einer Queue (Schlange) "in Line" 
                            warten: Denn hier wird zum ersten Mal Wahrheit, was der 
                            Häuptling unserer amerikanischen Artgenossen stets zu pflegen 
                            sagt: America First - sprich die paar wagemutigen Amis, die 
                            nunmehr wieder den Sprung über den großen und nun auch 
                            "gefährlichen" Teich wagen, wurden natürlich zuerst wieder in die 
                            Heimat geholt. Der Rest der Menschheit musste nun, wie zu Zeiten 
                            des kalten Kriegs im Ostblock üblich, lernen, Schlange zu 
                            stehen, ehe - America First - alle proudly Americans wieder zu 
                            Hause waren. Mittlerweile hatten die meisten Mitreisenden auf dem 
                            Umsteigeflughafen Atlanta - Georgia ihren Anschlussflug verpasst, 
                            denn eineinhalb Stunden Schlangestehen ist halt nicht in den 
                            Reservierungscomputern eingerechnet. Schließlich, nachdem man 
                            den berühmten grünen Zettel richtig angekreuzt hatte, durfte dann 
                            weiter in Richtung Zoll gerannt werden (der schlaue Traveller gibt 
                            kein Gepäck mehr auf - dadurch kann es auch nicht verloren 
                            gehen). Und was erwartet uns dort? Natürlich eine Schlange!!! 
                            Durchmogeln und Drängeln und weiter geht’s zur nächsten 
                            Schlange: Atlanta ist der zweitgrößte Flughafen unserer Erde und 
                            dementsprechend weitläufig - daher wurde ein unterirdisches 
                            Bimmelbähnchen konstruiert, das aber nur mit Handgepäck 
                            betreten werden darf - daher muss das, eben durch den Zoll 
                            geschmuggelte Gepäck, wieder auf ein Band geschmissen werden, 
                            und das Handgepäck wieder geröntgt werden -
                            das Handgepäck durfte schon in Frankfurt zweimal durch die X-Ray 
                            Maschine fahren! 
                            Na ja egal Hauptsache Schuhe aus und durch!!! 
                            Danach den Anschlussflieger doch noch bekommen, da ich 
                            wahrscheinlich der Einzige war, der zweieinhalb Stunden 
                            Transitzeit hatte, und 10 Minuten vor Abflug in Richtung Nashville 
                            am besagten Gate eintraf!!! Willkommen in den Vereinigten Staaten!
                             
                             
                            Der einleitende Teil meiner Mail fiel so ausführlich aus, weil es über 
                            meine erste Station meines "Music Trips", wie es die 
                            Einwanderungsbeamtin ausdrückte, die Hauptstadt der Country 
                            Music so rein gar nichts zu berichten gibt. Die Skyline von der 
                            Größe eines Fußballackers im Winternebel gehüllt - mitten in 
                            Tennessee - entbehrt jeglicher Beschreibung, und weil Country 
                            Music nun mal nicht gerade meine Geschmacksnerven in 
                            Verzückung versetzt, kann ich Euch mitteilen, dass ihr Nashville 
                            nicht unbedingt in Eure Planungen für Euren nächsten Urlaub 
                            einbeziehen solltet. Aber wenigstens denke ich bei Country an den 
                            Pipo (für die, die ihn nicht kennen - wir kennen uns seit dem 
                            Kindergarten)! Pipo, herzlichen Glückwunsch zum 30.!!! Jetzt weißt 
                            Du auch warum ich gestern nicht in die Kolleg-Bar kam!!!
                             
                             
                            Hinter Nashville gab es kein Halten mehr, denn nun schlüpfte ich in 
                            die Rolle von Osterwelle: Fahren Memphis!!! Und Üzgür der 
                            Taxifahrer von Taxi Sharia aus dem SWR3 Land hat gar keinen so 
                            schlechten Geschmack!!! Die Geburtsstätte des Blues ist zwar 
                            ebenfalls etwas schläfrig und nicht gerade der Nabel der Welt, aber 
                            die Blueskneipen verleihen der Stadt einen gemütlichen Flair. Der 
                            Main Street Trolley, eine alte Straßenbahn, ähnlich der in 
                            Lissabon, fährt gemächlich seine große Runde durch die Stadt, 
                            natürlich durch die hübsche Main St. aber auch vorbei am 
                            ehemaligen Sklavenmarkt, der mittlerweile wie die Umgebung von 
                            Downtown eher einem Schrottplatz gleicht. Aber die Ruhe des 
                            Deep South ist hier schon zu spüren: Der Straßenfahrer hält bspw. 
                            unvermittelt an, um mal schnell 'ne Coke im Deli auf der anderen 
                            Straßenseite zu holen. Der Trolley hinter uns kann 
                            selbstverständlich nicht überholen, doch es stört hier niemanden, 
                            wir befinden uns schließlich in den Südstaaten, genauer gesagt in 
                            Tennessee und das wissen wir - Jack Daniel und seinem Whiskey 
                            sei dank - hier hat man Zeit. Natürlich verbrachte ich die Nacht, 
                            bevor ich an das Grab des King treten durfte, im Heartbreak Hotel 
                            mit Ausblick auf den Herzförmigen Swimmingpool, und der King 
                            persönlich hielt Nachtwache in Form eines riesigen Photos über 
                            meinem Bett. Wie ich, hatte Elvis wohl eine Vorliebe für 
                            Flugzeuge, doch statt sie an die Wand zu hängen, hatte Elvis zwei 
                            Stück in seinem Vorgarten stehen, darunter eine Boeing 707, mit 
                            der man den Atlantik überqueren kann!!! Natürlich gab es auch einen 
                            Elvis Channel im TV der unermüdlich Elvis in Aktion zeigte. Dass 
                            Amerika vielleicht nicht First aber zumindest etwas anders ist, 
                            zeigt sich in Memphis jeden Tag um 11 a.m. und um 5 p.m. im alten 
                            Peabody Hotel, das eine riesige Hotellobby mit großem 
                            Springbrunnen besitzt. Genau zu diesen Zeiten findet dort der sog. 
                            Peabody Ducks March statt: Die Enten kommen pünktlich um 11 
                            weiß Gott woher mit dem Lift angeschwebt und watscheln dann auf 
                            einem ausgerollten roten Teppich und eigens für sie konstruierter 
                            Treppe in den Springbrunnen, ehe in derselben Art und Weise der 
                            Rückzug um 5 angetreten wird, und das seit den 30er Jahren des 
                            letzten Jahrhunderts!!!
                             
                             
                            Nachdem Country und Blues meine Reise bisher bestimmten, ging 
                            es nun schnurstracks nach Süden immer am Mississippi entlang 
                            bis in sein Mündungsdelta in der Nähe des Big Easy, der 
                            Geburtsstätte des Jazz! Auf dem Wege dorthin wurde das Klima 
                            immer stickiger und feuchter. Die Landschaft war anfangs noch von 
                            den hübschen aus Holz errichteten Herrenhäusern und 
                            (abgeernteten) Baumwollplantagen bestimmt, die ihr alle aus den 
                            Filmen kennt, die in den Südstaaten spielen: Veranda, 
                            Schaukelstuhl und Südstaatler (weiß oder schwarz) die Straße 
                            beobachtend im Schaukelstuhl sitzend! In den Käffern hier liegt 
                            echt die tote Maus begraben und aus einem solchen (20 Minuten zum 
                            nächsten McDonald's) kommt eines der Sternchen der heutigen 
                            Zeit: Brittney Spears!!! Die Herrenhäuser wurden von den Sümpfen 
                            des Mississippi-Mündungsdeltas abgelöst, in denen sich andere 
                            "scharfe" Lebewesen tummeln: Alligatoren!!!
                             
                             
                            Aus den Sümpfen taucht dann plötzlich New Orleans - The Big 
                            Easy genannt - auf! Diese Stadt ist genau das Gegenteil was man 
                            von den sich oft gleichenden Amistädten erwartet: Es gibt ein wirklich 
                            historisches Vieux Carré (French Quarter) in dem die 
                            Straßennamen zwei- bis dreisprachig (Royal St. - Rue Royale - 
                            Calle Royal) verzeichnet sind, da New Orleans auch mal 
                            Hauptstadt von Spanisch Louisiana war, und Napoleon Louisiana 
                            auch mal an die Amis verhökerte. Außerdem existiert in New 
                            Orleans nicht dieses prüde, verklemmte, puritanische Gestresste das 
                            die Amis gegenüber Alkohol an den Tag legen: In der Bourbon St. 
                            geht es jeden Abend so zu, wie am Rosenmontag in Mainz am 
                            Rhein. Das muss man nun nicht unbedingt besonders attraktiv 
                            finden, aber wegen Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit wird hier 
                            wenigstens niemand verknackt. Außerhalb von N.O. stellt dies 
                            durchaus die Realität dar. Der French Quarter vibriert 24 Stunden 
                            am Tag und falls man nicht unbedingt auf Parties aus ist, kann 
                            man sich an den wunderschönen alten Gebäuden erfreuen, die 
                            diese Altstadt wirklich einzigartig machen. Jazz dominiert hier 
                            übrigens nicht - Rock und Blues hört man hier genauso oft und 
                            unentgeltlich und fast immer live!!! Nur Disco Musik hat hier noch 
                            keinen Einzug gehalten - sonst könnte man die Bourbon St. auch 
                            bösartig ein bisschen mit El Arenal vergleichen, denn die Klientel 
                            besteht hauptsächlich aus Ami-Kids, die nach einer Flasche Miller 
                            Lite schon bedenklich durch die Bourbon St. schwanken! 
                             
                             
                            Der French Market mit dem Café du Monde prägt aber mindestens 
                            ebenso das Bild des French Quarter wie die Krachmeile Bourbon 
                            St.: Guter Café oder nicht so guter Gemischter mit Chicory (Karo-                            ähnliches Gesöff) und Beignets (sog. French Doughnuts)  können 
                            ebenfalls 24 Stunden lang genossen werden. Dagegen kann 
                            Starbuck's zumindest in N.O. echt einpacken!!! 
                             
                             
                            Eigentlich fällt der St. Patrick's Day ja auf den heutigen Sonntag, 
                            aber die N.O.-Ami-Iren feiern nun schon seit Freitag mit Paraden in 
                            der Stadt den Namenstag ihres Patrons des heiligen Patrick. Auf 
                            diesen Paraden, gibt es wie bei der Meenzer Fassenacht 
                            Motivwagen, aus den allerdings keine Kamellen fliegen, sondern 
                            kitschige Plastikkettchen, hauptsächlich natürlich in grün. Die 
                            richtigen Heros haben mehrere Dutzend dieser 
                            nackenversteifenden Ketten umhängen. Nach den Paraden kommt 
                            es dann in der Bourbon St. zum beliebten Ketten-durch-die-Gegend-
                            feuern, wobei meist mehrere Dutzend Leute auf den wahrscheinlich 
                            gleich einkrachenden Balkonen stehen und auf die sich 
                            vorbei schiebende Menge zielen, die wiederum nach oben feuert!!!
                              
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