Mainz, 7. März 2019
Auswärts fahren bietet in unserem
komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges
geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln
oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte
ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige
Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine
Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Auch in die Hauptstadt brachte mich mal
wieder die Deutsche Bahn. Diese war natürlich…unpünktlich.
Allerdings nicht so, wie man es gemeinhin annimmt: Der ICE erreichte
den Bahnhof Berlin-Spandau mit 20 Minuten Verfrühung: Eine
Baustelle, die im Fahrplan einkalkuliert worden war, gab es nicht.
Der Schaffner verkündete diese an sich freudige Nachricht so kurz
vor dem Eintreffen, dass ich größte Mühe hatte, meinen Reiseplan
umzusetzen. Die meisten von Euch, die auswärts mit der Bahn
unterwegs sind, wissen um die Annehmlichkeit eines Zuges: Die
Bordtoilette, die es möglichst effizient zu nutzen gilt, um einen
Bogen um die mittlerweile relativ teuren Bahnhofsklos zu machen.
Sprich man ist versucht, sich möglichst kurz vor dem Erreichen des
Zielbahnhofs auf dem stillen Örtchen zu erleichtern, um es dann
möglichst bis zum Stadion ohne weitere Zwangsentleerung zu schaffen.
Diesen Reiseplan hätte die erwähnte Verfrühung um ein Haar
durchkreuzt. Aber ruckzuck die Sachen gepackt und ab aufs WC und raus
aus dem Zug *check*
13:19 Uhr statt 13:38 Uhr Ankunft in Berlin-Spandau
02 (N)immer nuff:
Am Fastnachtssamstag als Meenzer zum
Auswärtsspiel nach Berlin zu fahren, kommt mir fast wie ein Verrat
vor, verlässt man doch das geliebte Städtchen und begibt sich
stattdessen ins Preußenland. Am Fuße der Theodor-Heuß-Brücke
steht ja ein altes Stück der Berliner Mauer und ein Hinweisstein
„Berlin 537 km“ mit dem Berliner Bär drauf. Beide
Berlin-Souvenirs wurden durch die Fastnachtsfahnen des Karneval Clubs
Kastel umringt und so konnte ich mich wenigstens mit einem
Schnappschuss vom Hinweisstein mit Fastnachtsschal für den Tag von
der goldenen Stadt verabschieden, zu Fuß über den Rhein nach AKK
marschieren und die Bahn nach Berlin nehmen. In Spandau angekommen,
war es dann auch nur noch ein S-Bahn-Sprung bis zum Olympiastadion.
Tschüss goldene Fassenachtsstadt am Rhein
03 Kon-Trolle
Das Security-Personal am Haupteingang
war recht gut aufgelegt und so erfolgte die Kontrolle trotz viel
Kostümgedöns recht easy. Mit Verkleidung nach Berlin? Gerne!
Verkleidet nach Berlin im ICE? Lieber nicht – denn nicht jeder hat
die Meenzer Fassenacht verstanden. Nachdem ich mir die Kommentare von
so manchem Multiplikator in den sozialen Netzwerken nach „Mainz
bleibt Mainz“ zum Protokoller und zum Obermessdiener durchlese, zog
ich es vor, mich erst vor Ort zu verkleiden.
Aber nochmals fürs Protokoll:
Fassenacht war und ist die Möglichkeit, den Großen und Mächtigen
der Republik die Leviten zu lesen. Sie sollte allerdings kein Mittel
sein, um Minderheiten zu verunglimpfen. Im Nahen Osten von Mainz aus
gesehen, sprich in AKK, saugt dieses närrische Grundgesetz jede
Närrin und jeder Narr bereits mit der Muttermilch auf. Aufgrund der
meist vorherrschenden Westwind-Wetterlage in Mainz ist dieses
Grundgesetz leider noch nicht bis zu AKK in den Wilden Westen der
Republik geweht worden – wo wir zugleich wieder bei den Toiletten
angekommen wären:
Kein anderes Stadion der Republik
bietet so viele stille Örtchen wie das Olympiastadion. Und bevor es
in den Gästeblock ging, den man nur durch eine zweite Kontrolle
erreichte, zog ich es vor, mich auf dem Klo umzuziehen. Im
Olympiastadion gibt es noch den Job des Toilettenmanns bzw. der
Toilettenfrau, die sich darum kümmern, dass wir uns auch an diesem
Ort halbwegs wohlfühlen können. An besagtem Mann lief ich nun in
dunkler Hose und brauner Regenjacke vorbei in die Herrentoilette…und
kam wenig später, getreu dem vom Q-Block ausgerufenen Motto, als
kunterbunter Clown wieder heraus. Der Toilettenmann traute seinen
Augen nicht, lächelte sehr freundlich und schüttelte ein wenig
ungläubig den Kopf. Natürlich flogen als Anerkennung seiner Arbeit
ein paar Groschen in seinen bereit stehenden Teller. Schließlich
sind die Toiletten in keinem Stadion so gut gepflegt wie hier.
Blick ins Olympiastadion
04 Kampf um den Mampf
Während auf den letzten beiden
Auswärtsfahrten nach Augsburg und Wolfsburg dem Fan die Lust auf
Essen und Trinken im Stadion mittels Kartenzahlpflicht und
alkoholfreiem Bier so richtig vermiest wurde, zahlst Du bei der
Hertha bar und bekommst Bier, Wurst, Süßkram etc. Berlin ist groß,
das ist klar, aber ein großes Bier ist in der Hauptstadt eine Maß –
das musst Du dann auch erstmal wissen. Schon süß, dementsprechend
eine kleines Bier zu bestellen, und einen halben Liter kredenzt zu
bekommen. Berlin ist somit ein wenig das Anti-Köln mit seinen mit
Kölsch gefüllten Fingerhütchen – aber gut, manche Nasen
behaupten ja auch, Kölsch sei gar kein Bier…
Vierfarbfroher Gästeblock in Berlin
05 Käfighaltung
Bei der Hertha gibt es keinen Stehblock
– dafür aber einen riesigen Sitzplatz-Gästeblock. Die 700 Fans
des FSV waren zu ca. 90 % verkleidet. Nur wird damit vielleicht ein
Drittel des Blocks gefüllt. Dieses Manko wurde durch den Q-Block
visuell ganz eindeutig ins Gegenteil verdreht, in dem innerhalb von
30 Minuten der Bereich auf einmal vierfarbfroh erstrahlte. Gut, unter
ökologischen Gesichtspunkten war das Überziehen der Klappsitze mit
gelben, blauen, weißen und roten Plastiktüten sicherlich eine Sünde
– aber ich zitiere jetzt mal aus Gutenbergs ersten gedruckten Buch
namens Bibel: „Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen
Stein auf sie.“ (Johannes 8,7). Amen!
Fazit: Die
Fastnachts-Edition Jahrgang 2018/2019 war aller Ehren wert und
punktete zumindest durch die Möglichkeit der schnellen Verwandlung
so etwa wie von Wasser in Wein, schoppetechnisch gesprochen – zum
Wohl!
Rot-weiße Grüße,
Christoph – Meenzer on Tour
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