Mainz, 6. Januar 2013
Bom dia,
heißt „Guten Tag“ im
Portugiesischen. Gerne würde ich auch auf Portugiesisch Euch ein
frohes neues Jahr wünschen, doch leider lassen dies meine begrenzten
Kenntnisse dieser schönen Sprache nicht zu. Gleichfalls wisst Ihr
jetzt genau, wohin es uns die letzten Tage zog.
Bei der Reiseplanung sind uns natürlich
mehrere Faktoren im deutschen Winter wichtig. Es soll schon ein wenig
wärmer sein als bei uns, die Sonne sollte öfters erscheinen als am
grauen Januar-Himmel zwischen Elbe und Isar und aufgrund der Kürze
des Aufenthalts sollte die Reise nicht ans andere Ende der Welt
führen. Natürlich sollte auch das Budget nicht unbedingt
überstrapaziert werden, denn in vielen Ländern weltweit kam es zu
massiven Preisanstiegen – auch weil der Euro im Vergleich zur
jeweiligen Landeswährung an Wert verlor.
Also wieder Portugal, denn dort gefiel
es uns bereits zur Jahreswende 2011/2012 sehr gut. Das Land liegt
nicht weit weg von uns und die Sonne überwintert dort tatsächlich
und sorgt wenigstens am Tag für wohlige Temperaturen knapp unter
20°C. Der Tourismus scheint dort allerdings sehr zyklisch zu
verlaufen, denn es herrscht nach Weihnachten tiefste Nebensaison.
Außer Rentnern von den britischen Inseln trifft man dort kaum andere
Reisende an und der Geldbeutel wird tatsächlich sehr geschont –
dem Euro sei Dank!
Denken wir an Portugal, denken manche
vielleicht zum Glück noch an Cristiano Ronaldo oder Luiz Figo –
die Nicht-Fußball-Fans allerdings eher an die Schuldenkrise. Dass
Portugal wirklich in der Misere steckt, erkennt man eigentlich schon
bei der Landung mitten in der Stadt. Der altertümliche Flughafen
Portela platzt aus allen Nähten und zeigt dann doch den Unterschied
zu Griechenland gleich auf: In Athen steht ein nagelneuer Flughafen
und dort wurde die Notbremse, was Investitionen angeht, wohl zu spät
gezogen, wenn sie überhaupt bereits gezogen wurde. Auch Portugal
wollte einen neuen Airport bauen; „wollte“ ist hier wohl das
wichtige Wort, das den Unterschied macht.
Allerdings trifft man auf der Fahrt
durchs Land auf Projekte, die teilweise abgeschlossen sind, deren
Sinn sich allerdings dem Durchreisenden nicht so ganz erschließen.Da
gibt es vierspurige Straßen mit weit ausholenden Auf- und Abfahrten
– aber keine Autos, die diese Straßen nutzen, obwohl diese gratis
zu befahren sind. Die vormals genutzte zugegebenermaßen engere, aber
schlaglochfreie Straße, wird ihrem Schicksal überlassen und dient
als großer Bürgersteig. Leider trifft man auch immer wieder auf
unfertige Projekte, deren Sinn sich gar nicht erschließt: Brücken
ohne Zufahrten, verwaiste Brückenpfeiler und platt gewalzte Flächen
für eine Autobahn (?) darben in der Landschaft dahin. Hier wurde
wohl zu spät die Notbremse gezogen und man ahnt, warum das Land
tatsächlich ein Problem hat und das heißt nicht „Verkehrsinfarkt“,
wie zum Beispiel in vielen Ländern Asiens.
Das Reisen auf Portugals Straßen im
Jahr 2013 erinnert mich fast schon an Reisen in Burma oder durch
Afrika, wo es Minuten oder noch länger dauerte, ehe sich mal
Gegenverkehr blicken ließ. Bei Benzinpreisen die denen in
Deutschland entsprechen, kann es sich wahrscheinlich niemand mehr
leisten, mal einfach so auf vier Rädern durch die Gegend zu düsen.
Auf den Autobahnen, die nur gegen Gebühr zu nutzen sind, kommt man
sich dann endgültig wie in der Autowerbung vor: kilometerlange
vierspurig ausgebaute neue Fahrbahnen ohne jeglichen Mitbenutzer –
bei 20 € für 250 km auch nicht wirklich ein Wunder. Wie sich die
Kosten für diese Infrastrukturmaßnahmen je wieder einspielen lassen
sollen, wage ich nicht zu beurteilen.
Außerdem schreckt dann noch die Art
der Zahlung zahlungskräftigere Kunden wie uns von der Nutzung ab.
Durften wir die Euros für die Nord-Süd-Trasse direkt vor Ort
entrichten, wie dies auch z.B. in Frankreich üblich ist, wenn es
Maut gibt, die nicht pauschal wie in der Schweiz erhoben wird, dachte
man sich für die Querverbindung an der südlichen Algarve-Küste ein
noch moderneres Modell aus, so wie es auf den deutschen Autobahnen
für LKW vorgeschrieben ist. Dumm nur, dass viele Mietwagen gar keine
Box zur Registrierung der gefahrenen Kilometer an Bord haben. So
mussten wir die Maut im Postamt entrichten – allerdings nicht
unmittelbar nach der Nutzung, sondern erst zwei Tage später und
spätestens nach 7 Tagen, sonst begeht man eine Straftat bei
Nichtzahlung! Goethes Satz „Reisen bildet“ gilt auch 2013 noch,
denn so ein kompliziertes System kannte ich bisher noch nicht und es
wird auch nirgends darauf hingewiesen, dass die Gebühren erst zwei
Tage später der Post vorliegen. Bezahlung online? Im Offline-Land
Portugal nicht möglich...
Trotzdem macht das Reisen in Portugal
einen großen Spaß, gerade weil man schnell vom Fleck kommt und mit
neuen Navigationsgeräten, auch sehr schnell direkt von A nach B
dirigiert wird. Manche Navis sind sogar auf Feldwege programmiert, so
dass wir ruckzuck von der vierspurigen jungfräulichen Schnellstraße
auf eine unbefestigte Schlaglochpiste geleitet wurden, da wir die
Option „ökonomischte Route“ zuvor eingegeben hatten. So wird das
Reisen dann sogar noch zum kleinen Abenteuer und das in Europa.
Abgesehen von den Investitionsruinen am
Fahrbahnrand oder auf der Fahrbahn finden sich kaum Anzeichen für
ein nahezu bankrottes Land. Wohnhäuser scheinen nicht geräumt zu
werden, wie dies in Spanien leider der Fall ist, auch die öffentliche
Infrastruktur funktioniert – es fahren Busse und der Müll wird
abgeholt – und die Armut ist kaum offen zu sehen. In Mainz gibt es
mehr bettelnde Menschen als in allen in einer Woche bereisten
portugiesischen Städten zusammen. Auch Ressentiments gegen
Deutschland oder Deutsche sind überhaupt nicht zu finden – anders
als die TV-Bilder beim Besuch von Kanzlerin Merkel in Lissabon
suggerierten.
Für alle bezogenen Waren und
Dienstleistungen erhielten wir Rechnungen auf denen die 23 %
Mehrwertsteuer ausgewiesen waren, für uns eine
Selbstverständlichkeit, für andere südeuropäische Länder aber
anscheinend ja nicht unbedingt und für den Rest der Welt wirklich
nicht üblich. Diese kleinen Zettelchen sind für mich aber auch der
Hoffnungsschimmer, dass es Portugal bald wieder besser geht, denn so
fließen tatsächlich Gelder in die Staatskasse und anhand der
Tatsache, dass Projekte, die vielleicht nicht unbedingt wirklich
durchzuführen sind, aktuell gestoppt werden, findet wohl ein
Umdenken im Staate Portugal statt, der dem Land hoffentlich die Wende
bringt. Denn zum Glück werden weiterhin auch Straßen und andere
Infrastruktureinrichtungen repariert – was zwar auch Geld kostet
aber den Menschen auch Arbeit bringt und somit auch wieder Konsum,
der zu 23 % versteuert wird.
Wir planen auch Ende des Jahres wieder
nach Portugal zu fahren – nicht, weil es besonders günstig ist,
dort dem Winter zu entkommen, sondern weil die wunderschöne Küste,
die sehr netten Menschen und das gute Essen immer wieder Gründe
sind, dorthin zu fahren und wenn man mit seinem Geld ein wenig die
arg gebeutelte Staatskasse aufbessert...um so besser.
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