Mainz, 20. September 2015
Hallo aus Mainz,
„Endlich
wieder auswärts mit unserer U23 fahren!“ war das gestrige Motto
der zwei Kigges-Nasen Stepanka und ck-africa – und wenn man das
Ergebnis mal ausklammert, war es mal wieder so eine Fahrt der anderen
Art (wie auch schon mein Trip letztes Jahr mit den Buben nach Dresden)
Wenn
man wie wir Lust hat, sowohl die Erste als auch das U23-Team zu
unterstützen, dann ist das auswärts gar nicht mal so einfach zu
bewerkstelligen, da allzu oft die Spielansetzungen ja miteinander
kollidieren und es soll ja auch noch so etwas wie Arbeits- und
sonstiges Privatleben geben, so dass ich dann in einer Saison die
Auswärtsfahrten mit der U23 an drei Fingern abzählen kann. Umso
schöner, dass nach der Lucas-Höler-Show in Kiel (0:4 Auswärtssieg)
gestern der nächste Trip anstand und wir dieses Mal ja sogar zu
zweit unterwegs waren.
An
sich sind Auswärtsfahrten ohnehin noch das letzte Stück Spannung im
rund um durch gestylten Paket des Profifußballs. Allerdings ist
natürlich das Drumherum beim zehnten Besuch des Westfalenstadions
oder der Allianz-Arena dann meist nicht mehr wirklich so
erwähnenswert. Und natürlich stellt sich der Gastgeber dank bester
Vernetzung mit unserem Verein auf die erwarteten Gästezahlen
entsprechend ein.
Bei
den Spielen unserer U23 habe ich den Eindruck, dass Mainz 05
(natürlich) keine Informationen hat, wie groß der Auswärtsmob an
Mainzern sein wird. Daher landet man als U23-Supporter manches Mal
vor dem geschlossenen Gästeblock und wird dann bestenfalls auf die
Haupttribüne abgeschoben. Neulich in Kiel wurde der Gästeblock
spontan geöffnet, als mehr als 5 05er plötzlich auftauchten und
zunächst am Rande der Kieler Haupttribüne platziert wurden –
direkt neben den Kieler Ultras...was natürlich nicht gerade eine
grandiose Idee war.
Letztes
Jahr in Dresden, dieses Jahr in Erfurt, war das allerdings gar kein
Thema, denn diese Vereine scheinen nicht immer alles unter eine
Kosten/Nutzen-Analyse zu planen und machen grundsätzlich den
Gästeblock auf – egal ob da 10 und 1.000 Nasen womöglich
ankommen. Und es ist einfach ein ganz anderes Gefühl, seinen eigenen
Block zu haben, in dem man (fast alles) tun und lassen kann als
irgendwo auf einer Sitztribüne (wie es auch schon mal Schalke
mittwochs abends gemacht hat) neben den Heimfans zu supporten.
Die Haupttribüne des Steigerwaldstadions
Das
Steigerwaldstadion in Erfurt wird gerade modernisiert, sprich wie
auch letztes Jahr in Chemnitz beim Pokalspiel war das halbe Stadion
eine Baustelle. Allerdings dominieren hier immer noch diese
gigantischen Flutlichtmasten und diese werden auch dem Umbau nicht
zum Opfer fallen – so dass man gespannt sein kann, wie sich das
„neue“ alte Steigerwaldstadion von seinen anderen neuen Arenen
angenehm abheben wird.
Eine
Stunde vor Anpfiff der einzige Fan im Block zu sein, da Stepanka von
der Haupttribüne aus berichtete, war schon ein komisches Gefühl und
bei Nieselregen erwischte ich mich bei dem Gedanken, dass diese neuen
0815-Arenen doch einen entscheidenden Vorteil bieten...sie sind
überdacht! Während wir in Kiel tatsächlich in der zweiten Halbzeit
allesamt aufs Herren-WC wegen Gewitter und Platzregen geflüchtet
sind, meinte es Petrus dann letztlich doch gut mit uns und das Wetter
wurde minütlich besser, während ja leider das Ergebnis immer
schlechter wurde.
Der Mainzer Auswärtsmob in Erfurt
Die
fehlende Überdachung, leerer Gästeblock und recht kühle
Temperaturen regten dann das Gehirn mal wieder an, sich zu fragen,
was man hier mittags um 13.00 Uhr mitten in Thüringen eigentlich so
macht – um dann kurz danach einfach wieder nur zu staunen...über
die ebenfalls völlig überdimensionierte Anzeigetafel mit ihren
tausenden von Glühbirnen. Das letzte ähnliche Modell (das auch noch
funktionierte) sah ich wohl beim Spiel unserer ersten Mannschaft in
Oberhausen im Dezember 2008.
Und
dann kam plötzlich der Mainzer „Auswärtsmob“. Es hätte
tatsächlich sein können, dass der Block von Jena-Fans bevölkert
wird, denn Erfurt und Jena verbindet eine große gegenseitige
Abneigung, aber es kamen „nur“ eine Handvoll Nasen in „Da
Silva“, „Noveski“, „Geis“ und „Schürrle“ Trikots.
Dieses All-star-Team hatte so ziemlich alles dabei, um einen
Gästeblock rucki-zucki in ein Wohnzimmer umzugestalten: Zaunfahne,
Choreo, Megaphon und Trommel. Während beim Auftritt in der letzten
Saison 5 Leute den Block bevölkerten waren wir plötzlich 17 Leute,
davon ein Erfurter, dessen Block gerade abgerissen wurde und der
wegen Städtepartnerschaft zwischen Mainz und Erfurt lieber mal in
den Mainzer Block gehen wollte, statt in den mit Regenschirmen
übersäten Nebenblock. Und dieser bestätigte dann auch
gleich mal meine Annahme, dass sich z.B. aus Großaspach auch nicht sehr
viel mehr Fans in den Gästeblock verirren. Soviel dann zum Thema
Zweite Mannschaften in der 3. Liga und dem wenigsten Gästefans.
Wie
sich herausstellte bestand der „Mob“ hauptsächlich aus zwei
05-Fans aus Erfurt, die noch ein paar Freunde mobilisierten und dann
tatsächlich beim Erfurter Fanprojekt diese Woche, die genannten
Utensilien anmeldeten und genehmigt bekamen. Auf der Zaunfahne wurde
dann auch an die Städtepartnerschaft mit Erfurt erinnert und die
Wechsel-Choreo bestehend aus Mainz 05- und Peace- und PACE-Logo war
vielleicht etwas zu global gedacht für diesen lokalen Kick – aber
wieso auch nicht? Natürlich werden da jetzt die echten Megahardcore
Fans von benachbarten Traditionsvereinen wieder mit genüsslicher
Abneigung zu den „Bonbonwerfern“ rüberblicken. Aber unser Verein
hat wenigstens noch eine U23, der man folgen kann und die
mittlerweile mit Philipp Klement und Suat Serdar innerhalb einer
Woche zwei neue Erstligaspieler hervorbrachte. Und die Arbeit, die
die 05er-Sektion aus Erfurt in ihre Zaunfahne und Choreo steckte ist
meiner Meinung nach aller Ehren wert.
Auch eine Choreo darf natürlich nicht fehlen
Die
Buben mussten sich am anderen Ende des Platzes warmmachen und bis in
die Nachspielzeit war es uns eigentlich nicht klar, ob die überhaupt
mitbekamen, dass es einen Auswärtsmob gibt, denn die Bahn um den
Platz führte tatsächlich dazu, dass das Spielgeschehen recht weit
weg stattfand und man dann doch manchmal diese engen Stadien wieder
gar nicht so schlecht findet. Denn ein Funke konnte hier vom Block
auf die Mannschaft natürlich kaum rüberspringen. Obwohl der
Megaphon-Einsatz wohl sogar gut auf der Haupttribüne zu hören war.
Von der Liedauswahl her ging verständlicherweise nicht viel, aber
ein Wechselgesang „FSV“ und „Mainz 05“ bekommt natürlich
auch der supportwillige Erstbesucher von 05-Spielen recht schnell
gebacken.
Der
Support der Erfurter war ganz ok. Die Ultras waren dem Gästeblock
gegenüber auf der überdachten Haupttribüne untergebracht und die
3.100 Zuschauer hatten spätestens nach den beiden Elfmetern ihren
Spaß. Wir im Gästeblock hatten spätestens unseren Spaß, als es
darum ging, mit Speis' und Trank versorgt zu werden. Wie schon oben
beschrieben, wusste man ja natürlich nicht, wie viele Leute so
kommen und folglich hatte dann gar kein Essens- oder Getränkestand
geöffnet. Aber das war für die durchweg freundlichen Erfurter
Security- und Stadionmitarbeiter kein Problem. Der Mainzer Gästeblock
durfte à la Carte bestellen und die Catering-Mädels brachten dann
sukzessive Bier und Thüringer Bratwurst, perfekt verpackt im
Styropor-Gewand mit Semmel, Senf und Ketchup in den Block. Und bei
der Security nach der ersten Runde weitere Kaltgetränke zu ordern,
war natürlich grandios – wo sie in anderen Stadien ja manchmal
eher damit beschäftigt sind, den einen oder anderen Besucher des
Gästeblocks zu gängeln.
Die Versorgung mit Kaltgetränken ist gesichert
Durch
ein wenig Trinkgeld motiviert, kam der Nachschub an Kaltgetränken
immer schneller und so wurden die 17 durstigen Kehlen 90 Minuten
bestens versorgt ohne mit irgendwelchen Karten bezahlen und davor 20
Minuten in einer Schlange stehen zu müssen. Hier wurde das Bier auf
dem Tablett serviert und Fußball "konsumiert" ;-)
Nach
dem Abpfiff waren unsere Buben natürlich bedient, aber anscheinend
hatten sie den Support dann doch ganz gut mitbekommen und gleichwohl
sie sehr mitgenommen aussahen, applaudierten sie dem Block und
klatschen alle am Zaun ab. Nach 14 Spielen ohne Niederlage ist man
natürlich enttäuscht und vielleicht ist das halt der Preis, den man als
Mannschaft zahlen muss, wenn es einzelne Talente dann plötzlich ganz
nach oben in die Liga 1 schaffen und so das Mannschaftsgefüge durcheinander gewirbelt wird.
Trotz der Enttäuschung kamen die Jungs zum Abklatschen vorbei
Trotz
des Ergebnisses war dies mal wieder eine Auswärtsfahrt, die alle
Beteiligten sicherlich so schnell nicht vergessen werden und die die
Lust auf das nächste Auswärtsspiel mit unserer U23 natürlich schon
wieder wachsen lässt. Und Erfurt nächstes Jahr, sollte eigentlich
wieder drin sein – wenn denn beide Mannschaften in der Liga
bleiben.
Hier geht es zu allen Bildern des Spiels.
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