Mainz, 27. Mai 2018
Die Sommerpause ist da und mit ihr
kommt zeitgleich die Transferperiode, die für Spielerberater das
Schlaraffenland, für Manager das Zahlen jonglieren und für uns Fans
die Mischung aus Freud und Leid bedeutet – letzteres gilt zumindest
für diejenigen unter uns, die noch an Spielern hängen, sich über
manchen Transfer freuen und sich über andere richtig ärgern. Dann
wird in den sozialen Netzwerken so sicher wie das Amen in der Kirche
der Begriff "Ehrenmann" ins Kommentarfeld getippt. Der
„Ehrenmann“-Faktor schlug in dieser Woche ganz krass aus, als
Mainz 05 Philipp Mwene verpflichtet hat. Er kam vom 1. FCK
ablösefrei, da sein Vertrag nicht für die 3. Liga galt. Auch Leon
Balogun wechselte in dieser Woche seinen Verein, um seinen Traum,
einmal in der Premier League aufzulaufen, zu realisieren. Sein
Vertrag lief einfach so aus. Gleichzeitig werden teilweise Verträge
ein Jahr vor Ablauf des Vertrages noch schnell mal, wie bei Julian
Baumgartliner, verlängert – zu verbesserten Konditionen für die
Spieler(berater) und ruckzuck ist der Spieler dann spätestens am
Ende der nächsten Saison weg. Ferner gibt es Spieler, die noch ein
Jahr Vertrag haben, und bei denen es heißt, die müssten jetzt
schnell noch verkauft werden, damit man noch Geld machen kann. Dies
wird interessanterweise oft von uns Fans gefordert. Und dann gibt es
noch die Ausstiegsklauseln, wie bei Suat Serdar. Umgekehrt gibt es
Spieler wie aktuell beim Effzeh und beim Ex-Dino, die ihre Verträge
verlängern – trotz Abstieg in die zweite Liga. Bei letzteren wird
das Wort „Ehrenmänner“ auch genutzt und da sind sich dann
eigentlich alle einig, dass dieses Wort zurecht Verwendung findet –
bei Vereinen, die es sich auch mal leisten können, Erstligagehälter
in Liga 2 zu zahlen, (was den ideellen Wert der Verlängerung
keinesfalls in Frage sondern nur relativieren soll).
Der Wechsel von Baumi nach einer Vertragsverlängerung nach Leverkusen wurde von vielen Fans kritisiert.
Was bedeutet „Ehrenmann“ denn
eigentlich? Für den Duden sind dies ehrenhafte Männer, auf deren
Wort man sich verlassen kann. Als Synonyme werden Gentlemen, Herr,
Kavalier genannt – drei Begriffe, die im Fußball dann doch eher
wenig Verwendung finden, beziehen sie sich doch eher auf das
Verhältnis Mann/Frau. Und von Ehrenfrauen liest man sehr wenig und
der Duden gibt das Synonym Hofdame an. Alleine an den Synonymen und
dem Verweis des Dudens auf den Gebrauch „veraltet“ (bei der
Ehrenfrau), erkennt man, dass dieser Begriff im kommerziellen Fußball
vielleicht einfach nicht seinen Platz hat. Um auf Philipp Mwene zurückzukommen:
Er hat seinen Vertrag erfüllt, müsste also gemeinhin als Ehrenmann
gelten. Gilt er bei vielen nicht, weil er von Lautern nach Mainz
wechselte. Dabei hat er ja Wort gehalten. Ich bin mir ziemlich
sicher, dass in dem Vertrag nicht stand, dass er nach Ende des
Vertrages nicht nach Mainz wechseln dürfe. Gleiches gilt für Leon,
der seinen Vertrag erfüllt hatte. Und natürlich für Suat, der sich ja
auch "nur" an den Vertrag gehalten hat. Natürlich erhalten die Vereine
bei diesen Transfers keine oder vergleichsweise wenig Kohle. Und wenn
dann so richtig Kohle fließt, dann handeln wir da auch nicht
wirklich stringent. Baumis Wechsel zu Leverkusen kam nicht wirklich
gut an, Shinjis Wechsel zu Leicester hingegen wurde irgendwie als „verständlich“
abgetan und der Wechsel von Jhon zum Effzeh war als Meisterstück
von Rouven gefeiert worden. Die meisten von uns kennen die Spieler
doch gar nicht persönlich. Wir erhalten durch Vereine weichgespülte
Verlautbarungen und auch Journalisten bekommen nur selten bis gar
nicht mehr die Möglichkeit, die tatsächlichen Beweggründe für
einen Wechsel zu recherchieren.
Bei Shinji wurde der Wechsel als "verständlich" bewertet.
Ich persönlich versuche die
Transferperiode mittlerweile möglichst emotionslos zu verfolgen. Ich
freue mich vielmehr über die Art des Abschieds von Spielern, mit der
ich nicht gerechnet hätte, wie jüngst bei Leon, der teilweise sehr
humoresk und wunderschön die gemeinsamen drei Jahre zusammengefasst
hat und chronologisch einen tollen Bogen gespannt hat vom
Auswärtssieg bei den Bayern, über die Feier des Klassenerhalts
gegen die SGE hin zum ersten Auswärtssieg beim BVB. Und selbst der
Wechsel vom Killermiffel 2006 zur launischen Diva vom Main, wird,
zumindest bei mir, nach 12 Jahren mittlerweile nur noch mit einem
Grummeln im Bauch abgearbeitet. Ich hoffe, dass man in Lautern (und
in Mainz) irgendwann mal sagen kann, cool, dass der Philipp mal bei
uns gespielt hat – wie z.B. auch der Loris.
Loris hilft Junior wieder auf - bleibt zu hoffen, dass die LFC-Fans Loris wieder aufgebaut haben.
Halten wir es doch daher lieber so, wie
es die Fans des FC Liverpool gestern in Bezug auf Loris taten: Einen
Spieler mit YNWA versuchen wieder aufzubauen. Diejenigen, die
teilweise auch durch den Mantel der Satire, einen Menschen, der
bereits psychisch am Boden liegt, verbal weiter runter putzen,
handeln für mich ehrlos. Die Reaktion der Fans aus Liverpool
hingegen war aller Ehren wert! Ehrenfrauen und -männer halt!
Rot-weiße Grüße,
Christoph – Meenzer on Tour
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