HomeFußballReisenBücher

Egal, was andere erzählen

  

Mainz, 18. März 2018

Wann hattet Ihr gestern Euren emotionalen Tiefpunkt? Nach 5 Minuten, als das Glück der Diva vom Main mal wieder hold war? Nach dem zweiten oder dritten Treffer oder dem Führungstor in Hamburg? Bei mir war es irgendwo da in der genannten Phase. Ja, Abstiegskampf ist unangenehm, macht wenig Spaß und dann ist da jetzt auch noch die Fastenzeit, in der ich persönlich versuche, wenn ich nicht auf Reisen bin, auf Gerstensaft zu verzichten. Das Leben ist schön – nur aktuell nicht so wirklich, wenn man sich ausschließlich auf die gegenwärtige Lage unseres Vereins fokussiert.


05 bleibt mein Verein

Aber nach jedem Tiefpunkt geht es bekanntlich wieder aufwärts. Bei mir persönlich zunächst, als ich mich köstlich über das hochwertig hergestellte Plakat auf der Gegenseite amüsieren durfte. „05er sind die größten Flaschen!“ - you made my day, liebe Diva vom Main. Die Meenzer Metzger haben nüchtern auf Twitter festgestellt „1-Liter-Flaschen sind größer“. Und wenn die schwarz-weiße Kreativität nicht weiter entwickelt ist, dann ist „bunter Scheiß“ halt doch vielleicht der geilere „Scheiß“? Wenn man sich auf's rein Sportliche beschränkt (hüstel), dann wurde der Tiefpunkt spätestens durchschritten, als weitere zwei Tore in Hamburg fielen und im Waldstadion nix mehr passierte. Dass dann die Truppe vom Don noch durch ein Eigentor gewinnt – nein es ist nicht alles schlecht gelaufen gestern. Und dass man sich für die Hertha und S04 freut – so what, das ist Abstiegskampf...und der ist unangenehm, macht wenig Spaß und Jever Fun bleibt Jever Fun.

„Egal was andere erzählen, 05 nur Du bist mein Verein“ wurde im Block sehr gut passend auf das Flaschenplakat intoniert. Und so lautete auch mein Post nachkicks in den sozialen Netzwerken. Denn da ging es mir tatsächlich irgendwie schon wieder besser. Die letzten Gegentore waren bereits mehr als eine Stunde her und wir haben, Stand Sonntag Morgen, nur in der Tordifferenz zwei Tore gegenüber Hamburg (und Wolfsburg) verloren. Dass die Saison hart wird, war doch irgendwie klar. Es gab kein Paderborn, Fürth, Darmstadt oder Tasmania Berlin in der Liga. Wer soll denn da in einer solchen Liga bitteschön eher in den Abstiegskampf gezogen werden? Freiburg – bewirbt sich gerade. Augsburg – geht erst jetzt die Luft aus. Dass es Köln (Europapokal), Wolfsburg (Deutscher Meister 2009) und der HSV (unabsteigbar) wurden, zeigt doch schon, wie die Liga aktuell besetzt ist.

Da ich vom rein sportlichen Geschehen keine Ahnung habe, wundere ich mich immer wieder, wie in den sozialen Netzwerken so viele Leute, den handelnden Personen Unfähigkeit vorwerfen können. Bin ich wirklich der einzige, der keine Ahnung hat (außer Rouven und Sandro natürlich)? Den Trainer rauszuschmeißen hat in Hamburg ja nicht wirklich was gebracht. Und in Köln auch noch nicht komplett. Und auch in Wolfsburg hat die Demission von Martin bei denen noch nichts bewirkt. Und was haben Sandro und Kloppo gemein? Richtig, sind beide schon mal als Trainer mit 05 abgestiegen. Dass Sandro mit einer neu formierten Jugendmannschaft in einer so stark besetzen Profi-Liga mit Vereinen wie Jahn Regensburg und Holstein Kiel abgestiegen ist? Hat wohl noch keiner mitbekommen. Und dass einer dieser beiden Vereine jetzt womöglich eine Relegation zum Aufstieg in die Bundesliga (!) spielt? Zeigt hoffentlich allen virtuellen Rausschmeißern, in welcher Liga Sandros Team da letztes Jahr fast nicht abgestiegen wäre.

Was wohl seit dem Pokalspiel in Frankfurt gewirkt hat, und das finde ich wirklich gut, ist die Reaktion von Rouven. Bereits beim Schalke Heimspiel hat er sich gezeigt und entsprechende Zeichen Richtung Tribüne gegeben. Und auch gestern war seine Reaktion in Ordnung. Er musste sicher auch erstmal lernen, dass Sportdirektor mehr ist, als das Wirken im Hintergrund. Und sein Zitat in Richtung Per Mertesacker gilt auch für alle Protagonsten bei 05. Es sind hier immer noch Menschen am Werk. Und die haben Schwächen und  machenFehler. Auch das sollten wir alle bitte nicht vergessen.

Auch in Ordnung war  gestern die Tatsache, dass der Großteil der Leute im Block blieb, trotz angekündigter Blocksperre bis 18 Uhr durch die Ordnungshüter. Das ist die richtige Richtung: Den Verein unterstüzten, auch wenn man dazu eigentlich keine Lust mehr hat, einem das Zweikampfverhalten auf den Sack geht, die Spieler zu wenig laufen, der Torhüter einen Ball durchlässt. Oder will man nach dem Ende der Saison einfach nur Recht haben und sagen, „das habe ich doch schon am zweiten Spieltag gesagt“, „war eh klar“, „sag' ich doch“ etc. Wenn einem die Genugtuung tatsächlich wichtiger ist als der Verein, dann „habe ich fertig“ - ein Zitat, das auch noch nach 20 Jahren gilt.

Aber wer jetzt immer noch weiterliest, bei dem ist wohl die 05-Liebe noch vorhanden. In diesem Sinne finde ich für uns alle den Termin am Mittwoch eine sehr gute Sache. Ich möchte mich bei denen bedanken, die dieses Treffen möglich gemacht haben – die immer noch die Energie haben, den Bock, zumindest außerhalb des Platzes, umzustoßen. Hoffentlich werden da die Themen angesprochen, die beide Seiten bewegen, und Lösungsansätze gefunden, damit wir danach emotional gestärkt in die entscheidenden Wochen gehen und wir alle sagen können „Egal, was andere erzählen, 05 nur Du bist mein Verein, mein Verein!“


Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Nach oben