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Biarritz – Frankreich, 30. Oktober 2001
Bonjour du pays basque oder Buenos Dias de País Vasco!!!
Auch heute kann ich Euch wieder nur im Nachhinein, wie schon
von Korsika, dieses Mal aus dem Baskenland berichten. Die
"abtrünnigen" Provinzen des Hexagons scheinen auch wirklich die
Schönsten der "Grande Nation" zu sein.
Nachdem ich Peter in Paris abgeholt hatte, ging es in den Hauptort
des französischen Teils von "Euskadi". Dies ist der baskische
Ausdruck für das Baskenland, das heute zum Teil zu Spanien und
zum Teil zu Frankreich gehört, und grob aus dem äußersten
Westteil des Pyrenäenkamms besteht. Am nächsten Tag ging es
wieder einmal mit einem Zug aus der TGV-Vorzeit in das Tal der
Nive hinein in Richtung spanische Grenze. Das Baskenland
erkennt man schon während der Zugfahrt durch die weißgetünchten
Hauser mit ihren rostroten Fensterläden. Nur wenige Häuser zieren
sattgrüne Fensterläden. Alle drei Farben (weiß, rot und grün) zieren
die baskische Fahne, die dem "Union Jack" ein wenig ähnelt.
Dank der politischen Zugeständnisse aus Paris werden wie auf
Korsika nun alle Schilder, sowohl in Französisch als auch in
Baskisch, aufgestellt. Das Baskische ist eine vom Lateinischen
völlig unabhängig entstandene Sprache, die man als
Außenstehender überhaupt nicht verstehen kann. Das
Freiheitsstreben der französischen Basken wird glücklicherweise
von keinen Attentaten terroristischer Bewegungen begleitet, wie
dies in Spanien durch die ETA seit Jahrzehnten Gang und Gebe
ist. Trotzdem wird in den Bergen, in denen wir eigentlich Ruhe
suchten, ständig herumgeballert. Doch statt auf Politiker (oder
Wanderer) zu schießen, wird hier wie verrückt irgendwelches
Wild abgeknallt. Anscheinend waren die Jäger sehr erfolgreich,
denn wir sahen hier keine Wildschweine o.ä. mehr, wie ich es von
Korsika noch gewohnt war. Dafür fanden wir eine andere Leckerei
am Wegerand einfach so herumliegen: Esskastanien!
Und wie jede französische Region hat natürlich auch Euskadi seine
kulinarischen Delikatessen: Das Poulet basquaise (baskisches Huhn)
wird mit sehr viel Chilischoten und Zwiebeln weich gekocht, so dass
das Fleisch schon fast auf der Zunge zergeht. Eine andere
Geflügelspezialität sind Tauben. Gekocht wird hier alles in
Entenfett und bei soviel schwerem Essen muss natürlich danach
ein "Izarra" (baskischer Kräuterlikör) wieder alles ins Lot bringen. Aber
wir haben nicht nur diniert sondern auch unseren Hintern durch die
wunderschön herbstlich gefärbte Landschaft bewegt. Diese
"Vor-Pyrenäen-Landschaft" ist trotz ihrer nicht gerade riesigen
Berge, die nicht höher als 1.000 m sind, wirklich beeindruckend:
Durch das Vorhandensein der Wetterscheide zwischen dem
wärmeren Spanien und dem kälteren Frankreich bläst immer ein
sehr starker Wind, der den Baumbestand in geschützte Mulden
zurückdrängt. Die freien Flächen sind entweder von Farnen
bewachsen oder es prägen markante Felsabbrüche die Landschaft.
Dadurch, dass die Farne nach einem trockenen Sommer langsam
total verdörrt sind und eine bräunlich Farbe angenommen haben,
verzaubert nicht das Laub, sondern die verschiedenen
Farbnuancen der aus vertrockneten Farnen bestehenden Berge
den immer noch schwitzenden Wanderer, der aus Deutschland
Ende Oktober doch andere Temperaturen gewohnt ist. Die meisten
Lebewesen, denen man in den einsamen Bergen begegnet ist,
waren weder andere Wanderer noch ETA-Aktivisten, sondern wie
schon auf den Färöer-Inseln die kuscheligen Wollproduzenten, die
hier natürlich auch herrlichen Käse entstehen lassen.
Endpunkt unserer Tour war das kleine Städtchen St. Jean-Pied-de-
Port, das noch viele Häuser aus dem Mittelalter besitzt. Berühmt
wurde die Stadt durch ihre Lage am Jakobsweg. St. Jean ist die
letzte Siedlung auf französischen Boden, ehe der Pilger seinen
Marsch nach Santiago de Compostella auf spanischen Territorium
fortsetzt. St. Jean besitzt noch eine Brücke aus der Römerzeit und
eine Stadtmauer aus dem Mittelalter. Abends in den engen
gepflasterten Gässchen fiel es nicht schwer, sich ein paar
Hundert Jahre zurückzuversetzen und sich das Leben zu dieser
Zeit vorzustellen. Kaum waren wir im Mittelalter angelangt, hieß
auch schon wieder Abschied nehmen von diesem beschaulichen
Fleckchen Erde, das gerade zu Zeiten wie der Heutigen, zum
Entspannen wirklich noch die Möglichkeit gibt.
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