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Mainz, 14. April 2010
Hola
aus Mainz!
Nach
dem langen Winter in diesem Jahr und dem vor einem dreiviertel Jahr nie im Leben
für möglich gehaltenen vorzeitigen Klassenerhalt der 05er stand für uns fest,
dass es schnellstmöglich und unverzüglich uns mal wieder in exotische Gefilde
ziehen musste! Komischerweise lief alles auf Südamerika hinaus und die Wahl fiel
schließlich kurz nach Fastnacht auf Chile. Sobald wir allerdings ein Reiseziel
ins Auge fassen bzw. dorthin aufbrechen, geschehen dort in schauerlicher
Regelmäßigkeit merkwürdige Dinge: Stunden vor der Ankunft in Delhi 2008
explodierten dort ein paar Bomben, nachdem wir uns in den Norden des
Subkontinents bequemt hatten, gab es damals die heftigsten Regenfälle seit 1946
und auch unser Spiekeroog-Camping-Aufenthalt 2009 war von extravaganten
Naturphänomenen geprägt: Es donnerte und blitzte letzten Sommer auf der
Nordseeinsel öfters früh morgendlich um unser Zelt herum, so dass uns Angst und
Bange wurde. Kaum war also Chile ausgewählt rappelte dieses Mal die Erde und
Chile war für uns passé. Vielmehr stand nun Argentinien auf unserer Agenda,
zumal Maradonnas Fußballtruppe gerade im Testspiel 1:0 gegen Deutschland
gewonnen hatte und somit vielleicht mit der Wahl des Reiseziels „Rache“ für
diese Niederlage genommen werden könnte…
Unser Ziel in Argentinien: die Seenplatte in den Anden
Bei
vielen Argentinien-Experten stieß unsere Wahl auf Unverständnis, denn an der
Seenplatte am Ostrand der Anden, rund 1.200 km südwestlich von Buenos Aires
gelegen, sah es angeblich aus, wie bei uns: Wälder, Berge, Seen.
Zugegebenermaßen kannte ich den westlichen Teil der Anden, der zu Chile gehört,
von einer früheren Reise und konnte diese Vergleiche nicht vollkommen entkräften
– wir hatten gleichzeitig allerdings trotzdem die große Neugierde, diesen Teil
der Erde mal kennen zu lernen und sei’s drum, wenn es denn dann halt auch
aussieht wie bei uns.
Ein
Argument, was natürlich gegen eine solche Aktion à la „Sieht es da wirklich aus,
wie bei uns?“ spricht, ist die Anreise und natürlich die Abreise, von der später
noch zu berichten ist. Die Marathon-Anfahrt von Frankfurt via Paris nach Buenos
Aires Ezeiza Flughafen, Bustransfer zum Aeroparque Flughafen in der Stadt und
der Weiterflug nach Bariloche war schon etwas anstrengend – aber wenigstens
blieb beim letzten Flug über die weiten Flächen der Pampa und der sich daran
anschließenden Halbwüste im Schatten des Andenbogens nicht der Eindruck, man
würde gerade von Frankfurt nach Berlin düsen: Canyon-artige braunfarbige
Schluchten bis zum Horizont prägten das Bild bis ca. 3 Minuten vor der Landung
als Nadelwälder und Felsmassive samt Schneeresten zum Vorschein kamen. Der erste
Eindruck nach der Landung in Bariloche war eher der, nach Alaska gebeamt worden
zu sein. Gelbe Mittelstreifen, gelbe Verkehrsschilder und breite Amischlitten
aus den 1960ern und eine große Weite prägten das Bild – Rheinhessen,
flurbereinigt, sieht da dann doch anders aus.
Ankunft mit LAN Argentinia in Bariloche
Gut,
in Bariloche angekommen, erinnerten die Hotelnamen „Edelweis“ oder „Tirol“ dann
doch ein wenig an unsere Alpenanrainer – aber die Country-Musik aus den Cafés
und Kneipen und die donnernden Motoren, der röhrenden Acht- und Zwölfzylinder
aus den Zeiten von JFK lassen Heidi-Gefühle doch nicht aufkommen – zumal die
Verständigung natürlich auf Spanisch und nicht auf Schyzerdütsch oder
Österreichisch abläuft und mit Englisch würde es wohl weniger „más“ denn „menos“
klappen. Beim Essen könnte es einem heimelig werden, wenn man auf der Speisekarte
„Puree“ oder auch mal Fondue findet. Meist wird die Karte allerdings von drei
Sachen geprägt: Steak, Milanesa (Schnitzel) und Nudelgerichten. Viele
Argentinier haben italienische Vorfahren und somit ist es wenig verwunderlich
Pasta zu bekommen, dass es diese allerdings in allen besuchten Restaurants
gibt, hat mich widerum überrascht. Und die Qualität überraschte noch mehr! Gut,
uns asienverwöhnte Reisende, hat das Preisniveau natürlich besonders beim Essen
gehen etwas geschockt – aber außerhalb von Indien oder Thailand ist es nun mal
so, dass man für einen Euro kein Menu erhält – von daher gab es zu vernünftigen
Preisen hier beste Essensqualität, so dass ich Argentinien gerade innerhalb
Südamerikas zu den Essensparadiesen zählen würde. Die Teigwaren werden wohl
durchgängig selbst gemacht und oft kann man diese „nackt“ bestellen und die
Sauce separat dazu. Das hat für Vegetarier natürlich den Vorteil, Fleischsaucen
einfach zu umgehen. Extravagante Nudelkreationen peppten die Karte immer wieder
auf: Ravioli gefülllt mit Forelle oder Kürbis hat schon wirklich was! Manches
Mal wurde die italienische Küche dann noch mit der spanischen kombiniert, in dem
es zum Beispiel Tortilla als Vorspeise gab. Salate machen Vegetariern das Leben
im Land leichter, die sonstigen eher fettigen vegetarischen Produkte wie
Bratkartoffeln und Empanadas (Teigtaschen) oder Käsestücke zu umgehen.
Weinparadies Argentinien: Supermarkt in Bariloche
Im
Gebiet der Anden ist das Angeln äußerst populär und so gab es oftmals auch
Forellenfilets zum Probieren. Hatte man dann die oft langen Speisekarten
durchforstet wurde es kompliziert, denn nun ging es ans Wein aussuchen und die
Weinkarte war in der Regel noch länger. Um es kurz zu machen: mit der Malbec-
Traube kann man nichts falsch machen, wenn man trockenen Roten zu sehr fairen
Preisen liebt. Angenehm war auch die Tatsache kleine Flaschen à 375 ml bestellen
zu können, denn nicht jeder (Tourist) ist so trinkfest, als dass man zu zweit
eine ganze Flasche kippen könnte. Der Nachtisch kommt oftmals etwas kompakt
daher, wenn man sich für „dulce y queso“ (Süßes und Käse) entscheidet: eine
streichholzschachteldicke Käsescheibe mit einer Scheibe etwas angedickter
Marmelade liegt gerade abends bleiern im Magen, aber so ist's halt. Schließlich
fällt das Frühstück dann wieder sehr dürftig aus: Medialunas (deutsch Halbmonde bzw. Mini-Croissants)
mit viel Café con Leche (Kaffee mit heißer Milch) ist der Klassiker und wird
eigentlich automatisch bei jeder Übernachtung gratis dazu angeboten. Das
Nationalgetränk Mate (-Tee) findet sich hingegen kaum auf einer Karte, dafür aber
zuhauf bei allen Argentiniern in allen Lagen: beim Bus fahren, beim Schwätzchen
halten, beim Stehen, beim Sitzen – einfach immer und überall.
Wandern in Villa Traful
Wir
haben allerdings nicht nur gut gegessen, getrunken und die Hotels getestet,
sondern sind täglich in den drei Nationalparks im Gebiet von Bariloche und San
Martín de los Andes gewandert oder Rad gefahren. Dies ist für die Reisenden sehr
erholsam zum Reisebericht schreiben allerdings eher dürftiger Stoff – denn zu
erzählen, dass man durch eine wunderschöne Seenlandschaft gepaart mit ein paar
teilweise schneebedeckten Dreitausendern und einem alles dominierenden Vulkan
Lanín gelaufen ist, beeindruckt den Leser nicht wirklich. Daher nahm ich nach
mehreren Tagen an, dass dieser Bericht sehr kurz und knapp ausfallen wird – was
ja gar nicht so mein Ding normalerweise ist.
Volcán Lanín - Junín de los Andes
Da
wir in einem relativ kleinen Gebiet von zirka 300 km vom Ausgangspunkt Bariloche
bis zum Endpunkt Junín de los Andes unterwegs waren, konnte ich noch nicht
einmal viel über den öffentlichen Nahverkehr erzählen, allerdings wussten wir,
dass am Ende der Reise noch eine 300 km Busfahrt in sechs Stunden in die
Provinzhauptstadt Neuquén anstand. So lagen die Hoffnungen am Ende darauf, etwas
berichtenswertes zu finden. Doch diese Fahrt verlief auch recht unspektakulär in
einem Doppelstockbus durch die Weiten des Vorandenlandes auf ca. 1.000 m Höhe.
Der Bus war wie in Südamerika üblich Tage vorab bereits buchbar, wir konnten uns
die Plätze wie beim Fliegen anhand eines Sitzplans aussuchen und die relative
Pünktlichkeit des Busses erinnerte mehr oder weniger wirklich ein wenig an
unsere Deutsche Bahn. In Neuquén steuerte der Bus zunächst den Flughafen an, was
für uns natürlich praktisch war, wollten wir doch Stunden später in ca. 90 Minuten
Flugzeit nach Buenos Aires zurück fliegen. Es war Ostermontag, der in
Argentinien kein Feiertag ist, und daher nahmen wir an, das mit dem Fliegen sei
kein großes Problem, doch die Flüge waren voll. Also ging es mit dem
Taxi unter Benutzung des Meters zur Busstation, um einen Nachtbus nach Buenos
Aires zu buchen. Dies dachten sich allerdings vor uns schon genug andere, so
dass wir fast in Neuquén hätten versauern müssen – die teuerste Version des
Busfahrens war allerdings noch genau für zwei Plätze buchbar: die
super-duber-Bett-mit-Privatsphäre-Klasse für knapp 55 Euro für 1.200 km. Dieses
Luxusreisen waren wir überhaupt noch nicht gewohnt, wenn man bedenkt, dass wir
in vielen anderen Ländern meist eingepfercht wie in einer Sardinenbüchse auf
Tour gegangen sind. Also rein in den Luxus, man gönnt sich ja sonst nix!
Panorama-Busfahrt durch Argentinien
Kurz
nach der Abfahrt wurden Tabletts gereicht, die ergonomisch den Beinen angepasst
waren. Einem kalten Abendessen zu dem sogar Wein kredenzt wurde, folgte ein
heißes Abendessen, das wir aber im Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde – es
ging auf Mitternacht zu – nicht einnahmen. Der Sitz wurde ruckzuck in ein Bett
verwandelt und selbst meine 193 Zentimeter lagen komplett in der entspannten
Horizontale. Argentinien Du Luxus-Land! Der guten Straßen sei dank düsten wir
entspannt der „Capital Federal“ besser bekannt unter Buenos Aires entgegen. Im
Morgengrauen hatte ich auf einmal den Gestank von Zigarettenqualm in der Nase.
Nein, es wurde nicht im Bus geraucht – sondern draußen. Komisch, sollte der Bus
doch nahezu nonstop in die Hauptstadt düsen. Plötzlich erstarb auch noch das
Surren des Motors, was mich dann doch etwas nervös machte. Diese Ruhe war nicht
normal und unser Zeitplan, mit vier Stunden zwischen der angeblichen planmäßigen
Ankunft, die sogar auf der Fahrkarte angegeben war und unserem Abflug gen
Europa, durchkreuzt. Ein guter Indikator, ob etwas normal ist oder nicht, stellen
allerdings immer die Einheimischen dar – doch diese schlummerten noch und von
diesen gab es in diesem Bus gerade im unteren Hoch-Luxus-Trakt gerade mal noch
vier andere…also warten.
Luxus-Bus mit Problem: Motorschaden
Langsam aber sicher bemerkten auch die anderen, dass wir
wohl ein Problem hatten. Und so schlürften die ersten nach draußen in die so
genannte Pampa: am Kilometerstein 598 – also knapp 600 km vor unserem Ziel –
hatte der Bus es vorgezogen den Geist aufzugeben genau vor der Fleischfabrik
„Carnes Pampeanas“. In der Pampa gestrandet zu sein – fast schon zu klischeehaft
um wahr zu sein. So konnten wir zunächst einmal den ersten Sonnenaufgang der
Reise erleben – bisher hatten wir es immer geschafft diesen zu verschlafen, da
Folterfrühabfahrten nicht auf unserem Programm standen und der Glutball bereits
um 7.30 Uhr am nahezu immer blauen Himmel umherturnte. Während an Bord eines
Flugzeuges dauernd Ansagen gemacht werden, auch die Deutsche Bahn, erzählt ja
von Zeit zu Zeit von „Störungen im Betriebsablauf“, machte keiner der beiden
Fahrer irgendwelche Anstalten dem lieben Luxusvolk mal in seiner Gänze etwas zu
erzählen. Gut die Sachlage war klar, die Klappe zum Motor geöffnet – warum
sollte da noch jemand anderes dieselbige zur Erklärung öffnen? Ich sah nur, dass
einer von beiden mit einem Keilriemen durch die Pampa lief – einer Domina mit
Peitsche ähnlich…und den Gesprächen entnahm ich, dass auf die Mechaniker
gewartet wird. Wenigstens hatten wir Handy-Empfang, was in Argentinien abseits
der Orte gar nicht selbstverständlich ist. Bei einer Größe von den Ausmaßen
Indiens und nur halb so vielen Einwohnern wie Deutschland ist dies aber auch
nicht weiter verwunderlich. So konnte wenigstens die Mechaniker verständigt
werden und diese kamen nun auch so ca. nach drei Stunden mit einem Ford Pick-Up,
Baujahr um den ersten deutschen Fußballweltmeistertitel 1954 rum.
Ein Ford rettet einen Mercedes: der Pick-up der Mechaniker
Der
Meister noch wesentlich älter als sein Gefährt mit dicker Robert Lemke
Hornbrille und sein Geselle mit hoch Fistelstimme machten sich gemächlich an die
Arbeit. Auf der Ladefläche befanden sich die unterschiedlichen
Schraubenschlüssel und oft linste der Alte durch seine glasbausteingroßen Gläser
auf die Schrauben und dozierte bzw. dirigierte wie ein Arzt am OP-Tisch den
Gesellen, der ihm daraufhin die richtigen Schlüssel reichte. Die Passagiere
lugten über die Schulter des Mechanikers hinweg und schauten ihm bei der Arbeit
zu. Uns bewegte die Kälte dazu, erst einmal dutzende von Runden um den Parkplatz
der Fleischfabrik zu drehen, damit uns etwas warm wurde, denn noch war es in La
Pampa bitterkalt.
Nachdem die ersten Sonnestrahlen uns wärmten, regte
sich auch der Magen und wir bekamen so langsam Hunger. Unsere Bettplätze lagen
direkt neben der Bordküche – aber irgendwie hatten wohl andere schon früher
Hunger gehabt, denn die Frühstücke waren bereits verspeist. Glücklicherweise hatten wir
wenigsten noch ein paar Futterutensilien bei uns und auch eine große Flasche
Wasser. Denn wir wussten ja nicht wo wir waren – 598 km vor der Buenos Aires
kann alles heißen. Ein Kaff war nicht zu sehen und der Fabrikverkauf der
Fleischfabrik machte um 9.00 Uhr auf, aber die Auslagen sahen eher so aus, wie
im Ostblock Ende der 1980er Jahre – leeres weißes Regel angelehnt an weiß
getünchte Wand.
Argentinier sind anscheinend geduldig, denn es regte
sich niemand auf…noch nicht. Einer der Fahrer orderte ein Taxi und fuhr davon,
angeblich Essen besorgen. Der andere Fahrer machte sich mit dem Gesellen in
Richtung Fabrik mit dem ausgebauten Motorteil davon. Der Bus war herrenlos und
die Argentinier irgendwann ziemlich hemmungslos, denn plötzlich wurde die Küche
geplündert. Waren wir anfangs alle noch sehr zurückhaltend und haben uns einfach
mal einen ultrasüßen Kaffee gezapft, standen mit der Zeit unsere Mitreisenden
eher auf Bier, Schnaps und Saft, das es alles in Hülle und Fülle gab. Stank die
Küche bald wie eine Bar auf der Reeperbahn morgens um fünf, roch das Bord-WC
bald Indian-style nach Kloake. Glücklicherweise schloss die Tür recht dicht und
so blieb der Gestank dort wo er hingehörte.
Nach
weiteren zwei Stunden kam der Fahrer tatsächlich mit Essenstabletts zurück.
Diese sahen so aus, wie die Dinger, die man mittlerweile auf Europa-Flügen
serviert bekommt: viel Verpackung und wenig Inhalt. Eine Medialuna und noch ein
wenig Süßkram – aber wir wussten ja argentinisches Frühstück konvergiert gegen
Null. Nur war es halt schon später Vormittag und die Aussicht auf ein
Mittagessen war eher eine Fatahmorgana. Überhaupt wurde uns so langsam mulmig,
denn den ersten Flug nach Europa hatten wir abgeschrieben, aber den Flug am
Folgetag wollten wir ja schon doch mal bekommen – schließlich mussten wir auch
mal wieder irgendwann in Mainz ankommen.
Es nah anfangs nicht gut aus - doch irgendwann ging es weiter!
Der
ältere Mechaniker war noch aus der Generation Offline und hatte in seinem Ford
die Gelben Seiten von Santa Rosa La Pampa. Dort fand ich eine Telefonnummer
einer Busgesellschaft und wenig später hatten wir die Info, dass es nachts um
halb eins einen Bus nach Buenos Aires gäbe, der auch noch Platz hatte – also in
genau 14 Stunden. Auf meine Frage hin, ob denn die Panne zu beheben sei,
antwortete der Mechaniker, ja sicher – irgendwann! Seinen Angaben zufolge sei
die Busstation etwa vier Kilometer entfernt. So konnten wir schon mal den „Worst
Case“ planen. Vier Kilometer laufen mit allem Gepäck – eine Stunde, Ticket
buchen und etwas zusätzliche Zeit einplanen – eine Stunde. Also sollten wir
spätestens um 22.30 Uhr, in zwölf Stunden entscheiden von hier abzuhauen.
Ein
paar Spaziergänge um den Parkplatz herum später kamen dann auch der zweite
Busfahrer und der Geselle mit dem Motorteil wieder. Das Puzzle in Form des
einzusetzenden Teils in den riesigen Motor vervollständigte sich in den
kommenden Stunden peu à peu. In der Zwischenzeit, dem Alkohol sei vielleicht
Dank, hatte eine Reisende ein Beschwerdemanifest formuliert, dass sie jetzt
jedem unter die Nase hielt und das jeder unterschreiben sollte unter Angabe der Pass-
und Ticketnummer. Über vier bis fünf handgeschriebene Seiten warf dieses den
Busfahrern und der Busgesellschaft grobes Fehlverhalten vor. In großem Kreis
trug sie dies der Menge vor und es hatte irgendwie theatralische Züge – wäre die
Situation nicht so anstrengend gewesen ich hätte jetzt gesagt „großes Kino!“.
Abschied von den Anden, La Pampa und Argentinien
Die
Mechaniker und die Busfahrer ließen sich nicht aus der Ruhe bringen, obwohl
diese mittlerweile auch von einigen angegangen wurden, da natürlich der Alkohol
Hunger machte. Beim ersten Versuch sprang tatsächlich der Bus wieder an, der
Motor surrte und die Polizei kam. Unsere große Referentin rannte davon, den
Uniformierten entgegen. In großem Geschrei wurde den Cops jetzt erklärt, was
hier vor sich ging – dabei wollten wir, die große Mehrheit doch einfach nur mal
wieder los fahren. Irgendwann mussten die Busfahrer dann auch Stellung beziehen
und diese hetzten die Fahrwilligen nun gegen die Streikenden auf, da wohl im
Raum stand, dass jetzt erstmal zur nächsten Wache gefahren werden musste, um
alles zu Protokoll zu geben. Na ja, irgendwie war dann doch die große Mehrheit
dafür jetzt mal, nach 9 Stunden „Rast“, weiter zu fahren. Später gab es auf
Kosten der Busgesellschaft einen Imbiss und mit ca. 9 Stunden Verspätung
erreichten wir spätabends Buenos Aires und am nächsten Tag auch unseren Flieger
nach Europa.
Wir
waren um ein paar Gramm wegen des „Hungerns“ leichter – dafür aber um eine
bizarre Reisegeschichte reicher, die es dann doch wert war, Euch zu erzählen.
Und wie bei uns kam uns dann diese Reise doch nicht so ganz vor!
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